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Walter Niedermayr - Col Rodella-Ciavaces


Edition - EIKON Col Rodella-Ciavaces

S/W- und C-Print, Diptychon
je 39 x 51 cm, 1993
nummeriert und handsigniert
Auflage: 25 + III

Preis: bereits ausverkauft

Beschreibung

Walter Niedermayr – Zwischen Tradition und Auflösung

Wie kann man gleichzeitig einer Kunsttradition angehören, "schöne" Photographien machen und sinnstiftende Formen erzeugen? Der 1952 in Bozen geborene Italiener Walter Niedermayr entwickelt diese Problematik seit 1988 in seiner Arbeit, deren bekanntester und am häufigsten präsentierter Aspekt (Ausstellungen in Bozen, Mailand, Rom, Cahors, Helsinki, Florenz, Linz etc.) eine Serie von Berglandschaften ist, die er in den (heimatlichen) Dolomiten aufgenommen hat. Auffallend an diesen (und an anderen Bildern Niedermayrs) ist besonders seine Arbeit mit der Farbe, die sich den Pastelltönen nähert, meistens im Gegensatz zum Standard der Fotolabors mit ihren dichten und satten Farben überbelichtet, was die Bilder etwas mehr der Wirklichkeit entrückt und sie verblaßt und durchsichtig erscheinen läßt.

Sobald der Betrachter vom ersten spielerischen und unvergleichlichen Eindruck der determinierenden Elemente einer Arbeit, die alles andere als abstoßend ist, erfaßt wird, kann er sich auf das Bild einlassen, es entziffern und sich mit dessen Mechanismen auseinandersetzen. Man könnte darin eine Art sozialgeographische Kritik sehen. Das ist allerdings ein Irrtum. Die Personen, die mitunter turbulenten Wolken und die urbanen Elemente dienen nur dazu, den Raum in eine Dauer einzuschreiben und eine nicht wahrnehmbare Entwicklung der Zeit anzudeuten. Mit jedem Projekt versucht Niedermayr, eine Theorie des Verschwindens zu entwickeln und jedes Element in eine Gefahrensituation zu bringen. So isoliert er zerbrechliche Personen in überdimensionalen Räumen, die sich ihrerseits zu bewegen und Unbekanntem zuzustreben scheinen. Er bringt Perspektive und Maßstab durcheinander, zerstört sie durch unwahrscheinliche Striche und den Einsatz von Farbe. Für Walter Niedermayr bilden die Gebirgslandschaften das Ausgangsmaterial, das eine Basis seines künstlerischen Schaffens darstellt, aber er situiert sein Schaffen nicht als Bruch, sondern er leitet die neuen Formen aus dem Respekt vor dem künstlerischen Erbe ab.

Auszug aus Michel Guerrin: Walter Niedermayr - Entre tradition et disparition, in: EIKON, 16/17, 1995/96, S. 5–12 (Übersetzung von Monika Natter). Zur Arbeit "Die bleichen Berge" siehe die Publikation: Walter Niedermayr: Die bleichen Berge / I monti pallidi, Katalogbuch zur Ausstellung, Bozen 1993.